Frau Kastrop war gar nicht mal so schlecht…

Sie war das Hauptthema im Internet, was die neue Sky-Sendung Samstag Live! anging. Jessica Kastrop, eine Hälfte des Moderatoren-Duos, ist bei vielen Fußball-Fans nicht unbedingt übermäßig beliebt. Die “schöne Jessica” (O-Ton ihres früheren Arbeitgebers) gilt bei so manchem regelmäßigen Sky-Schauer als persona non grata, die im besten Fall ihre vorformulierten Moderationskärtchen unfallfrei ablesen kann und dadurch kein Jota auf ihre Interviewpartner eingeht.

Unten durch war sie bei mir persönlich vor der Sendung nicht, ich halte sie für erträglich, auch wenn sie sicher nicht zu meinen Favoriten gehört. Welch Wunder, wenn man doch sowieso eher auf den seriösen Sportjournalismus steht.

Und das ist auch die wichtigste Prämisse, die man sich bei der Bewertung von Samstag Live! immer wieder deutlich machen muss. Die Sendung will deutlich lockerer daherkommen als die übrigen Angebote im Sky-Sportprogramm. Insofern ist Jessica Kastrop hier gut aufgehoben.

Wie es sich entpuppte, war sie weit davon entfernt, ein Problem der Sendung zu sein – wie man es beim Blick in Foren und Blogs seit der Ankündigung der Sendung befürchten musste. Doch Optimierungsbedarf gibt es nach der Premierensendung dennoch genug.

Das offensichtlichste Problem dürfte den Machern bei Sky schon während der Sendung bewusst gewesen sein – die Sendedauer. Die grundsätzliche Entscheidung, eine zweistündige Sendung auf die Beine zu stellen, ist richtig. Denn bis 22.45 Uhr stellten sich – obwohl ich den Samstag seit der 2. Liga um 12.30 Uhr mehr oder weniger durchgehend (!) vor dem Fernseher verbrachte – keine Langeweile- oder Ermüdungserscheinungen ein. Doch danach ging es rapide bergab. Die Sendung endete erst gegen 23.10 Uhr, überzog also um 25 Minuten. Dass bei einem Überhang von 25% irgendwas nicht in Ordnung war, ist offensichtlich. Und dabei waren sogar einige Programmpunkte nicht enthalten, die meiner Meinung nach einen Platz in der Sendung verdient gehabt hätten.

Verursacht wurde das Zeitproblem vor allem davon, dass der Bundesliga-Block zu Beginn viel zu viel Platz einnimmt. Natürlich muss Samstag Live! jedes Tor des Nachmittags zeigen. Dennoch, man muss auch den Zuschauer im Hinterkopf haben, der vielleicht schon Alle Spiele, Alle Tore am Vorabend gesehen hat. Das heißt: Der Bundesliga-Block bedarf einer deutlichen Straffung.

Gut ist, dass ein Teil der Spielberichte nicht bloße Wiederkäuung der Zusammenschnitte aus ASAT sind, sondern eher wie die retrospektiven Berichte nach Machart des Aktuellen Sportstudios daherkommen. Gut auch, dass man bei dem Hauptspiel den Spielbericht mit Statistiken zum Spiel wie Torschüssen und Ballbesitz beschließt.

Daher wäre etwa ein Ansatz, dass man die Spiele, die man nicht mit neuem Spielbericht beglückt, in einen “Schnelldurchlauf-Block” zusammenfasst, ähnlich wie man es Donnerstags mit den Europa League-Spielen aus Gruppen ohne deutsche und österreichische Beteiligung macht. Also zwei, drei Spiele vom Samstag ausführlich, den Rest schnell durch. Dann hat man die Bundesliga inklusive des Freitagsspiels und der – hierfür ein Sonderlob – guten und stringent durchgezogenen Analyse des Freitagsspiels in einer knappen Stunde abgehandelt. Dass man dann heute die Tore der 2. Liga unterschlagen hat sei da nur am Rande erwähnt.

Die Zeit zwischen den Spielberichten kann man dann für den Gast nutzen, so wie es auch in der Premierensendung geschah. Die Interviewführung durch Jessica Kastrop und Simon Südel war absolut in Ordnung, es ist klar, dass es in dieser Sendung auch abseits des Tagesgeschehens gehen würde und gehen müsste. Wer harte Fragen erwartet hat, musste nur enttäuscht werden. Wie erwähnt, das will die Sendung auch gar nicht sein.

Die Frage- und Quizeinlagen wirkten noch etwas unrund und unausgegoren. Grundsätzlich kann man solche Elemente aber in die Sendung einbauen. Man könnte aber erwägen, die Gäste gegen Zuschauer im Studio antreten zu lassen, mit einem gesponsorten (Hint Hint, Sonderwerbeform) Preis, als es nur als einen Wettbewerb “um die Ehre” aufzuziehen.
Ach ja. Und einen Buzzer, der nicht buzzert, sondern nur leuchtet, und dessen Leuchten auch noch von der Bauchbinde verdeckt wird, bringt nix.

Aber wirklich etwas ärgerlich, im Sinne von Potential nicht genutzt, ist, wie man mit den übrigen Sportarten im Sky-Programm umgegangen ist. Um 22.30 Uhr, durch das Überziehen zwar etwas abgemildert, war man dann schlussendlich doch mit der Bundesliga durch, womit vierzig Minuten für Golf, Eishockey, Formel 1 und Premier League verblieben. 105 Minuten Bundesliga versus 40 Minuten Rest, dieses Verhältnis passt nicht, wenn man den lieben langen Tag schon Bundesliga geschaut hat. Zumal dann auch hier viel hinten runter gefallen ist. DEL wurde in einem Newsblock durchgeschaufelt, auf mehr als das Freitagsspiel, das man live zeigte, ging man nicht ein, obwohl die Rechte- und Bildsituation eine ausführliche Beleuchtung des Geschehens erlauben wurde. Und gerade für die DEL-Berichterstattung könnte Samtag Live! ein Segen sein, wenn man es richtig macht.

Ähnlich stiefmütterlich wurde die Premier League abgefrühstückt. Von dem zweiten Spiel des Tages, welches Sky live zeigte – Arsenal gegen West Brom – zeigte man weder Bilder noch erwähnte man das Ergebnis. as mag einigen Arsenal-Fans zwar mit Sicherheit heute ganz Recht gewesen sein, ist aber leider ein Armutszeugnis, wenn man die Sendugn wirklich als umfassende Sportsendung betrachtet. Zumindest alle Ergebnisse müssen mitgeteilt werden, auch wenn man nicht alle Tore zeigen kann – was mit Sicherheit den Rahmen der Sendung sprengen würde. Hier böte sich dann der Verweis auf die Zusammenfassung am Montag an. Aber ein einziger Spielbericht zur Premier League ist mit Sicherheit zu wenig.

Als nicht wirklich gelungen muss man leider auch die Newsblöcke bezeichnen. Isabella Müller-Reinhardt wirkte sichtlich eingerostet, auch wenn sie einen der inzwischen wohl leider üblichen Plazamedia-Patzer routiniert überspielte bzw. ignorierte. Doch schon in der redaktionellen Auswahl passt es nicht, wenn der Newsblock eher als “more of the same” anorganisch an den jeweiligen Block angeflanscht wirkt. Insgesamt gab es drei Newsblöcke in der Premierensendung. Der erste befasste sich grob gesagt mit einer Vorschau auf den Europacup und den Blick nach Spanien, wo man sich einen Ticker der Marca anschaute (!), um das Zwischenergebnis des Madrid-Spiels zu verkünden. Im zweiten gab es nochmal Reaktionen zur Bundesliga, unter anderem mit dem Blick auf die Internetseiten diverser Medien. Doch beide Newsblöcke waren so eigentlich verschenkt, und besonders bei dem zweiten fragte man sich, ob man das nicht alles schon bei den Spielberichten gehört hatte.
In einen solchen Newsblock könnte man auch den Schnelldurchlauf der Spiele der 2. Liga vom Mittag einbauen. Ergebnisse aus der 3. Liga würden auch nicht schaden.
Wirklich Sinn gemacht hat eigentlich nur der letzte Newsblock, der den Bogen etwas über die Bundesliga hinaus spannte – aber dabei auch sichtlich Probleme hatte, genug Material zu finden, so dass man recht ausführlich zu Bildern von Red Bull Cliff Diving (wer das wohl bezahlt hat) greifen musste.

Man muss sich immer die Frage stellen: Wenn man sonst keine Informationsquellen hätte, würde ich nach dieser Sendung mich umfassend informiert fühlen?
In Punkto Bundesliga ist dies zwar zu bejahen, ansonsten versagt es aber vollends. Selbst bei Golf ignorierte man die Tagesaktualität und verkündete nicht mal den Zwischenstand der beiden Turniere, die am Wochenende abgehalten werden. Hier muss also angesetzt werden.

Zuletzt muss man auf die Vergleiche zu Soccer AM eingehen, die von Jessica Kastrop in einem Quotenmeter-Interview aufgebracht wurden. Samstag Live! ist alles, nur nicht Soccer AM. Trotz der Übernahme eines Clips aus der Sendung und der Inspiration für die Rubrik “Free Kick” und die Clips, die sichtlich von “Third Eye” entlehnt sind. Doch die britische Sendung ist ein ganz anderes Format und es wäre müßig, hier alle Unterschiede aufzulisten. Bis auf diese zwei angesprochenen Punkte gibt es schlichtweg keine Gemeinsamkeiten. Echte Comedyelemente etwa fehlen bei der deutschen Sendung völlig.

Das Highlight der Sendung war mit Sicherheit der Einspieler zu “Rollo bei der Arbeit”. Sollten die weiteren Ausgaben dieser Rubrik ähnlich unterhaltsam sein, hat man damit einen Baustein, auf den man setzen kann.

Die übrigen Trailer, wie etwa die “Hits der Liga” mit einem Zusammenschnitt von Jubelszenen oder “Es ist nicht bloß ein Spiel” waren schlicht und ergreifend Mist. Man muss es leider so deutlich sagen.
Warum man hier nicht etwa “Die fünf besten Szenen der Woche”, “Die peinlichsten Fehlschüsse” oder “Die schönsten Tore” gewählt hat, bleibt mir unerklärlich. Hier könnte man sich doch bei Soccer AM erneut bedienen. Die Rubriken “Showboat” und “Taxi for…” sind dort Institutionen geworden und würden die Sendung auch erneut auflockern und Inhalte bieten, die es an dem langen Bundesliga-Nachmittag so noch nicht zu sehen gab.

Insgesamt kann man aber Sky nicht genug loben, dass man den Weg gegangen ist, eine weitere, eigenproduzierte Sendung zu starten. Ohne solche Sendungen wird man immer ein austauschbares Abnudelprogramme bleiben. Und vor allem: Richtig gemacht kann eine solche Sendung ein enormes Cross Promotion Werkzeug sein, um die Bundesliga-Schauer auch zu anderen Sportarten rüberzuziehen. Aber dann muss man es auch – wie gesagt – richtig machen.
Die Premierensendung war ein Anfang. Es gibt noch viel, viel zu tun, von Feinschliff kann man da nicht reden, auch wenn die generelle Konzeption in die richtige Richtung geht.
Dennoch muss man aufpassen, dass Samstag Live! nicht bloß eine weitere Fußballsendung mit ein paar lustigen Einschüben wird. Denn das braucht das Sky-Programm nicht wirklich.

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