News Corp gibt sich nicht geschlagen
Der deutsche Pay-TV-Primus Sky geht mal wieder zum Geldautomaten. Montagabend nach Börsenschluss kündigte man an, dass man mit der Muttergesellschaft News Corporation eine Finanzierungsmaßnahme vereinbart habe, die dem Münchener Unternehmen in diesem Herbst mindestens 340 Mio Euro frisches Kapital in die Tasche spülen werden.
Hintergrund für diesen Schritt ist, dass CEO Brian Sullivan unzufrieden mit der Geschwindigkeit des Wachstum ist.
So der PR-Sprech. Wenn man es böse formulieren will, würde man behaupten, dass der urspüngliche Businessplan, nach dem man Anfang 2011 erstmals schwarze Zahlen schreiben wollte, gerade geplatzt ist und die Kreditlinien in akuter Gefahr wären, wenn man so weiter macht wie bisher.
Da ist sicherlich etwas Wahres dran.
Eine andere Interpretation liegt zwischen den Zeilen verborgen.
Schon anlässlich des auf der ordentlichen Hauptversammlung im April genehmigten Kapitals, das die Möglichkeit einer erneuten Kapitalerhöhung, zur Ausgabe von bis zu gut 405 Mio neuen Aktien vorsah, gab Sullivan auf Nachfragen von Analysten zu diesem Thema eine interessante Antwort.
Man sehe derzeit keine Notwendigkeit, diese Option zu nutzen, wenn man aber die Möglichkeit sehe, schneller zu wachsen, werde man darauf zurückgreifen.
Dies tut man nun und gibt knapp 270 Mio neue Aktien aus, den angestrebten Erlös sichert News Corp ab.
Wie man das Geld verwenden will, sagt man auch – greift aber hierzu auf altbekannte Phrasen zurück. Stärkung von HD, Stärkung von Sky+, Stärkung von neuen Services. Interessanter ist, wenn man diese Nachricht mit den Meldungen und Gerüchten der letzten Wochen zusammen betrachtet. Drei Sender, die bisher schon auf der Sky-Plattform vertreten sind, haben für diesen Herbst HD-Versionen ihrer Programme angekündigt: TNT Serie, TNT Film und ESPN America.
Eins und eins kann jeder zusammen zählen, zudem es bezüglich ESPN America HD schon vor der offiziellen Bekanntgabe des Deutschlandstarts Gerüchte gab.
Weiterhin kündigte AXN den Start eines HD-Ablegers an.
Doch diese Sender kosten, Transponder kosten (offizielle Zahlen gibt es nicht, aber SES Astra verlangt dem Vernehmen nach ca. 6 Mio Euro Jahresmiete).
Genug der Gerüchteküche. Schauen wir auf die Zahlen des zweiten Quartals, die es zusammen mit der aktuellen Ankündigung gab.
Die gute Nachricht, Nummer 1:
Nach dem desaströsen Nettoneukundenwachstum im ersten Quartal von bloß 1000 Kunden hat man eine Steigerung hinbekommen.
Die gute Nachricht, Nummer 2:
Somit hat Sky (bzw. zuvor PREMIERE) seit 2005 das erste mal wieder ein Nettowachstum in einem zweiten Quartal vorlegen können.
Bei allem Pessimismus ist das – trotz der hohen Erwartungen, die auch von Sky selbst geschürt wurden – in dem generell schwachen ersten Halbjahr ein kleiner Erfolg.
Die schlechte Nachricht:
Das Nettowachstum beträgt immer noch nur 6.000 Kunden. Bezahlt hat man dieses mit einem leicht sinkenden ARPU.
Dennoch gibt es eine Kennziffer, die verrät, warum News Corp erneut in Vorleistung geht und weiteres Geld für eine Investition bereitstellt, die so viele schon abgeschrieben haben. Das EBITDA. Das EBITDA, also earnings before interest, taxes, depreciation and amortization – Ertrag vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen – ist eine der wichtigsten Kennzahlen, wenn es darum geht, die Leistung von Unternehmen zu beurteilen. Diese Zahl wird nicht beeinflusst durch Cashflow-neutrale, bilanzielle Sondereffekte – wie etwa die Abschreibung auf die Marke PREMIERE, die immer noch vielen Beobachtern und Kommentarschreibern dazu dient, die finanzielle Entwicklung von Sky noch schlimmer darzustellen als sie sowieso schon ist. Vorgänge, die bilanziell zwar “Geld” kosten, aber eben für den täglichen Betrieb vollkommen irrelevant sind, weil dadurch kein einziger Euro weniger in der Kasse liegt.
Schauen wir also auf das EBITDA.
Q1/09: -29,8 Mio
Q2/09: -63,4 Mio
Q3/09: -87,9 Mio
Q4/09: -81,6 Mio
Q1/10: -64,5 Mio
Q2/10: -47,4 Mio
Seit dem Relaunch im dritten Quartal 2009 unter der Sky-Marke ist ein deutlicher Trend zu erkennen. Durch die Erweiterung des Angebots und die Investitionen in Marketing und Werbung war es klar, dass die Ausgaben – und damit das bilanzielle Ergebnis – vorerst in den Keller gehen würde. Das war auch so geplant.
Nicht so geplant war, mit welchem “Tempo” – bzw. eben nicht – die Kundenzahl sich verbesserte.
Natürlich könnte man jetzt ein “weiter so” ausstoßen. Das EBITDA entwickelt sich ja in die richtige Richtung. Erst 6 Mio weniger Verlust. Dann 17 Mio weniger. Nun wieder 17 Mio. Ginge es in diesem Tempo und Maß weiter, wäre der Break Even im zweiten Quartal 2011 erreicht.
Das Problem ist nur: Geht es so weiter?
Sky beantwortet diese Frage wohl selbst mit Nein, anders ist der heutige Schritt nicht erklärbar. Man sieht die Notwendigkeit einer erneuten Aufbauspritze, um den Schwung des Wachstums zu erhöhen. Durch noch mehr HD-Sender. Preissenkungen bei Sky+, das im Vergleich zu UK geradezu horrend teuer ist. Der Start des Push-VOD-Angebots Sky Anytime (das von der Verbreitung der Sky+-Boxen abhängig ist).
All diese Maßnahmen versprechen in einem schwierigen Markt Wachstumschancen.
Unklug ist der Zeitpunkt nicht. Die Wirtschaft zieht an, der im Umbruch befindliche Medienmarkt stabilisiert sich wieder, Werbebuchungen nehmen wieder zu. Und da ist es besser, wenn man schon auf dem Zug sitzt, wenn er losfährt.
News Corp wird gerne und häufig für sein Investment in Deutschland kritisiert. Doch objektiv betrachtet hat man nur einen einzigen Fehler gemacht: Man hat an Unitymedia für deren Anteil an PREMIERE viel zu viel bezahlt. Vielleicht weil man befürchtete, dass CANAL+ ihnen zuvorkommen könnte. In dieser Folge unterschätzte man das notwendige Investitionsvolumen. Diesen Fehler wetzt man nun mit einer erneuten Kapitalerhöhung aus.
Doch bei allen Hiobsbotschaften: Schaut man sich die Zahlen von Sky an, sieht man, was News Corp sieht. Eine Chance, dass es tatsächlich klappt. Dass es schwerer als geplant wird. Dass dennoch Ende 2011 der Turnaround geschafft sein könnte. Rechtzeitig, bevor die Kredite fällig werden.
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