Steht die UFC jetzt vor einer Rückkehr ins deutsche Fernsehen?

Es ist eine Watschen, die sich gewaschen hat. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) hat vor dem Verwaltungsgericht München eine Niederlage kassiert. Und eine überaus empfindliche noch dazu.

Worum geht es?

Rückblende ins Jahr 2010. Das damalige DSF strahlt – erstmals im Free TV – die Kämpfe der „Ultimate Fighting Championship“, kurz UFC aus. Die UFC ist die weltweit größte und bedentenste Liga für „Mixed Martial Arts“, wortlich übersetzt „gemischte Kampfkünste“. MMA, so die geläufige Abkürzung, ist im besten Falle ein von breiten Teilen der Öffentlichkeit missverstandener Sport. Auch in den USA, die ja eher offen gegenüber Neuem sind und als Kampfsportaffin gelten, hat man mit erheblichen Widerständen zu kämpfen. Noch heute ist Profi-MMA etwa im Staat New York verboten.

Da braucht es keinen Propheten, dass auch in Deutschland man nicht mit offenen Armen empfangen wird, wenn man mit den „Käfigkämpfen“, die leider der Natur der Sache nach nicht immer ganz unblutig ablaufen, aufschlägt. Der unbedarfte Zuschauer sieht leider nunmal nur, dass da zwei Menschen (nicht mehr nur Männer – inzwischen weist die UFC auch zwei Frauen-Division auf) in einem Käfig rumbalgen und auch am Boden noch weiterkämpfen. Wer keine Ahnung von Bodenkampf, Grappling und Brazilian Jiu Jitsu hat, wird dabei zwangsläufig verschreckt. Es bedarf einiger Aufklärung, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass nunmal der am Boden liegende nicht zwangsläufig der unterlegene Kämpfer und damit Verteidigungslos, ja „Opfer“ ist. Das Gegenteil ist der Fall.

Letztendlich muss man es realistische sehen. Selbst Boxen kämpft Jahrhunderte nach seiner Verbreitung immer noch gegen Widerstände und Ressentiments. Es wird immer Menschen geben, die dem sportlichen Zweikampf, sei es Boxen, sei es Karate, sei es Ringen, sei es MMA, nichts abgewinnen können. Die wird man nie überzeugen können, das sollte man auch nicht wollen.

Doch was die UFC und viele andere Vertreter dieses Sports wollen, ist Respekt und Toleranz. Die Möglichkeit, diesem Sport auch in Deutschland ohne unnötige Hindernisse nachgehen zu können.

Inzwischen gibt es den ein oder anderen deutschen Vertreter dieses Sports, die auf internationalem Niveau mithalten können.

Dennoch gibt es viele gesellschaftliche Kräfte, die – nett ausgedrückt – ein Probleme mit MMA haben und versuchen zu verhindern, dass dieser Sport in Deutschland wächst. Der wichtigste Punkt hierbei ist die mediale Verbreitung. Die UFC hat zwar zwischenzeitlich dem Vernehmen nach einen Marketing-Deal mit der BILD-Zeitung, dennoch ist es selbstverständlich etwas anderes, ob man beim Zappen auf UFC stößt oder irgendwo auf BILD.de mal ein kleiner Artikel läuft.

Seit dem Verbot im Jahre 2010 hat sich kein deutscher Sender mehr an die UFC herangewagt – auch wenn die Begründung der BLM letztendlich totaler Humbug war und schon fast als willkürlicher, wenig demokratischer, rechtsstaatlicher Akt bezeichnet werden muss.

Dass die BLM sich hierbei aber mächtig vergallopiert hat, hat sie nun mit Urteil vom 9. Oktober 2014, Az. M 17 K 10.1438, vom VG München, welches erst jetzt den Parteien zugestellt wurde (so lange dauerte die Ausformulierung des Gerichts), schriftlich schwarz auf weiß bekommen. Zwar wird die BLM dies nicht auf sich sitzen lassen und in Berufung gehen – ein erheblicher Pflock ins Selbstverständnis der BLM ist es allemal. Und auch in den weiteren Instanzen ist seriöserweise nicht damit zu rechnen, dass es zu einer anderen Entscheidung kommt.

Mit besagtem Urteil wurde der landläufig als „UFC-Verbot“ bezeichnete Bescheid aufgehoben, mit dem dem damaligen DSF (heute SPORT1) aufgegeben wurde, die UFC aus dem Programm zu entfernen. Rechtlich gesehen wurde ein Widerrufsbescheid aufgehoben, womit der ursprüngliche Bescheid, mit dem dem DSF die Ausstrahlung der UFC erlaubt wurde, wieder auflebt. Dies ist wichtig für die Konsequenz aus dem Urteil.

Hier bedarf es eines Exkurses in das Bayerische Medienrecht, welches eine Sonderrolle in Deutschland ausfüllt. Anders als in anderen Bundesländern gilt in Bayern der Privatrundfunk als in „öffentlich-rechtlicher Trägerschaft der BLM“ ausgeübt. Dies hat zur Folge, dass Programmänderungen – so sieht es das Gesetz vor – durch die BLM genehmigt werden müssen. Die Realität sieht selbstverständlich so aus, dass die Programmhoheit sehr wohl beim Programmveranstalter liegt und die BLM nur in Ausnahmefällen eingreift. Die BLM nickt ab.

Böse Zungen nennen so etwas dennoch Vorzensur.

Gegen diese Vorwürfe würde sich die BLM natürlich verwehren. Man greife natürlich eben nur in besagten Ausnahmefällen ein. Da, wo das Programm gegen gewisse Grundsätze verstoße.

Und genau hiergegen verstößt die UFC gerade nicht – so das Verwaltungsgericht München. Hier hießt es:

„Einen eindeutigen Verstoß gegen die hier in Betracht kommenden Programmgrundsätze (Achtung der Menschenwürde, Verbot der Verherrlichung von Gewalt und der Verletzung des allgemeinen Sittlichkeitsgefühls), kann die Kammer nicht feststellen. […] Es ist umstritten, welche Qualität ein Unterhaltungsformat haben muss, um als mit der Menschenwürde unvereinbar gelten zu können […]. Insbesondere wird in Bezug auf MMA diskutiert, ob nach der sog. „Objektformel“ eine Menschenwürdeverletzung anzunehmen ist, weil die Kämpfenden zu Objekten herabgewürdigt werden […]. Das VG Gießen hat in diesem Zusammenhang die Feststellung getroffen, dass der unterlegene
Kämpfer nicht zum Objekt von Gewalthandlungen degradiert wird, solange den Teilnehmern nach den Regeln des Sports die Möglichkeit eingeräumt wird, das Kampfgeschehen durch Abklopfen zu beenden […]. Diese grundsätzliche Einordnung des MMA als Sport wird in der Literatur verschiedentlich und mit nachvollziehbaren Argumenten vorgenommen […]. Unter dem Gesichtspunkt der Verherrlichung von Gewalt dürften die streitgegenständlichen Formate keinesfalls völlig unbedenklich sein. Die Frage, ob die gegenseitigen tätlichen Angriffe der Kämpfenden verherrlichend, d.h. im Sinne einer befürwortenden Berühmung als etwas Großartiges, Imponierendes oder Heldenhaftes […] dargestellt sind, ist aber für eine kontroverse Beantwortung offen. Ebenso sind voneinander abweichende Auffassungen dazu möglich, ob die streitgegenständlichen Darstellungen eine grobe Verletzung des allgemeinen Sittlichkeitsgebots […] bedingen. […] Daher ergibt sich der von der Beklagten angenommene Verstoß gegen die Programmgrundsätze als nur eine mögliche Subsumtionsvariante unter mehreren. Ob tatsächlich ein Verstoß gegen Programmgrundsätze und damit ein wichtiger Grund für ein Programmänderungsverlangen vorliegen, lässt sich mangels Orientierung an einfachgesetzlichen Regelungen nicht feststellen. […] Aus Sicht der Kammer spricht deshalb und angesichts der kontroversen Diskussionen um MMA viel dafür, dass sich die Inhalte generell noch unterhalb der Schwelle eines Verstoßes gegen die Programmgrundsätze bewegen.“

Diese hier vertretene Auffassung ist zwischenzeitlich als in Literatur und Rechtsprechung als wohl herrschend zu bezeichnen: MMA ist Sport und verstößt nicht gegen die Menschenwürde. Mir ist kein ernstzunehmender Jurist bekannt, der hier nachvollziehbar weiterhin eine Gegenauffassung vertritt.

Dass MMA nichts für Kinder ist, steht auf einem anderen Blatt.

Richtig ungemütlich wird es für die BLM im folgenden Passus:

„Die Beklagte ist nicht dazu berechtigt, die Entfernung von aus ihrer Sicht unerwünschten Inhalten aus dem Programm aufzugeben. Ihre Trägerschaftsfunktion und ihre Rundfunkfreiheit verleihen ihr nicht die Befugnis, aufgrund einer eigenen Bewertung von Inhalten programmgestaltend tätig zu werden und so in die Programmgestaltung der Beigeladenen einzugreifen. Diese Befugnis kann sie sich weder selbst durch Satzung verleihen noch durch entsprechende Auslegung des Tatbestandsmerkmals des wichtigen Grundes in § 26 Abs. 1 FSS. […] Ungeachtet der Frage, ob § 26 Abs. 1 FSS tatbestandlich einschlägig, d.h. ein wichtiger Grund gegeben ist, wären bei der auf Rechtsfolgenseite gebotenen Ermessensausübung sämtliche in Rede stehenden Rechtspositionen, insbesondere auch die der Klägerin, zu berücksichtigen gewesen. […] Die Interessen der Klägerin fanden aber bei Bescheidserlass überhaupt keine Beachtung, was einen Ermessensfehlgebrauch darstellt. „

Was das VG München hier sagt ist nicht mehr und nicht weniger:

Die BLM hat in einer Willkürentscheidung, mit der sie auch noch ihre vom Gesetzgeber verliehenen Kompetenzen überschritten hat, ein von ihr aus subjektiven Gründen nicht für „Gut“ befundenes Programm verboten.

Was bedeutet das jetzt für die UFC und die Zukunft des MMA im deutschen Fernsehen? Gibt es die UFC jetzt schon bald wieder im TV?

So einfach ist das leider nicht zu beantworten. Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass der Vertrag der UFC mit SPORT1 zwischenzeitlich beendet wurde, wie der Sportsender gegenüber DWDL angab. Es ist also nicht so, dass SPORT1 jetzt nächstes Wochenende gleich loslegen könnte. Hierzu fehlt schon der erste Schritt, ein gültiger Vertrag mit der UFC.

Und ob es den angesichts des „Duckmäusertums“ von SPORT1 in diesem Verfahren auch je wieder geben wird, ist stark zu bezweifeln.

Letztendlich gibt es aber ein weiteres Problem: Die BLM akzeptiert diese eindeutige Niederlage nicht und geht in Berufung. Solange ist das Urteil nicht rechtskräftig, der Widerrufsbescheid ist in der Welt. Jeder andere Programmanbieter, sei es Sky, sei es ProSieben, kann mit Hinblick auf das laufende Verfahren vertröstet werden.

Natürlich kann ein Programmanbieter mit Sitz in Bayern jetzt eine entsprechende Änderung bei der BLM vorlegen – die wird dies aber nicht oder nicht positiv Bescheiden. Natürlich, man könnte dann mit Verpflichtungsklage hiergegen – mit Verweis auf das Urteil des VG München auch mit Sicherheit erfolgreich – vorgehen. Doch was ist damit gewonnen?

Der Programmanbieter, der die BLM nun verklagt, verscherzt es sich mit denen auf Jahre. Das will vermutlich weder Sky noch ProSieben noch sonstwer. Daher schickt man die UFC vor – und solange die BLM nicht von sich aus aufgibt oder es letztinstanzlich schwarz auf weiß hat, wird das Hin und Her so weitergehen.

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4 Antworten

  1. Maximilian sagt:

    Ich habe den Artikel am 29.7.2015 gelesen und möchte gerne wissen ob es jetzt etwas neues gibt. Wird die Ufc im Fernseher wieder gezeigt wenn ja wo und wann ?

  2. RealityCheck sagt:

    Im Fernsehen vorerst nicht. Aber bei Maxdome. Siehe auch den neuen Artikel inkl. Gewinnspiel.

  3. Ach man ich hätte so bock auf ufc aber wir sind ja in deutschland dem verklemmten Staat 🙁 war ja klar dass es verboten wird

  4. Frank hurra sagt:

    Heute Morgen um 3 Uhr konnte ich gerade noch das ende der ran fight ufc aus hamburg sehen. Auf pro 7 Maxx.

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