Dem Volk auf’s Maul geschaut – wie man Sky retten könnte

Ich nehme für mich nicht in Anspruch, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich nehme für mich nicht in Anspruch, den einzig gangbaren Weg zum Erfolg von Pay TV in Deutschland zu kennen.
Ich habe keinerlei Erfahrung in der Produktion, im Management, in der Vermarktung von Bezahlfernsehen. Ich bin nur ein interessierter Konsument. Ich beobachte aus eben jenem Interesse seit Jahren die Entwicklung von Pay TV in Europa. Schon seit es das analoge Einkanal-Abo von Premiere gab, übte dieses besondere Angebot eine enorme Anziehungskraft auf mich aus. Über DF1, Premiere World, nun Sky – immer interessierte ich mich nicht nur für das fertige Produkt, sondern auch für das Hintendran.

Brian Sullivan, Carsten Schmidt, und wie sie alle heißen in der Führungsriege von Sky, haben mit Sicherheit mehr Erfahrung und mehr Einblick in die Materie. Deshalb will dies hier auch keine hochwissenschaftliche Abhandlung sein. Sie muss an vielen Punkten ungenau bleiben.

Doch eines ist sicher. Sky macht derzeit nicht den Eindruck, dass man sich deutlich Richtung Erfolg, Richtung Gewinnschwelle bewegt. Also muss irgendwas anders gemacht werden. Keine Radikalkur, kein erneuter Relaunch. Feintuning.

Zunächst ist zu sagen, dass keine revolutionären Forderungen aufgestellt werden. Basispaket weg. Keine Werbung. Nur noch HD-Sender. Alle Programme in allen Kabelnetzen.

Das ist leider absolut utopisch, weshalb man davon hier nichts lesen wird. Diese Überlegungen haben alle den Anspruch, realistisch innerhalb von sechs Monaten umsetzbar zu sein.

Der Status Quo

Identifizieren wir zunächst die Kernprobleme von Sky.

Punkt 1: Das Basispaket wird als überflüssig wargenommen.

Punkt 2: Es gibt zu wenig HD.

Punkt 3: Das Sportangebot wird als zu teuer wahrgenommen.

Punkt 4: Das Sportangebot wird als zu mager wahrgenommen.

Punkt 5: Sky bietet zu wenig, was das normale Fernsehen nicht bietet.

Punkt 6: Im Filmprogramm läuft immer das selbe.

Es gibt noch weitere Punkte, die zu bemängeln sind. Doch diese sind meiner Meinung nach die Hauptkritikpunkte, die ein schnelleres Wachstum von Sky verhindern. An diesen Punkten muss schleunigst angesetzt werden. Das Zeitfenster für einen Erfolg schließt sich.

Das Basispaket

Der Platz im Kabel ist für Sky leider begrenzt. Daher ist die logischste aller Forderungen nicht umsetzbar – die Einspeisung von Sky Welt Extra im Kabel. Einzige Alternative wäre eine Kooperation mit den Kabelnetzbetreibern, die ein gegenseitiges Wholesale-Agreement beeinhaltet, sodass die Kabelnetzbetreiber die Premiumpakete von Sky vermarkten können, Sky dagegen etwa im Gebiet von Kabel Deutschland die Programme von Kabel Digital Home.
Dies wäre eine Aufgabe, die langfristig anzugehen wäre. In der derzeitigen Situation ist Sky aber in keiner akzeptablen Position, um solche Pläne zu einem vertretbaren Abschluss zu führen.

Daher kann im Kabel nur marginal am Basispaket geschraubt werden. Mehr Spielraum ist bei der Satverbreitung vorhanden.

Zunächst braucht Sky im Basispaket dringend einen Flagship-Sender. Einen Leuchtturm. Ein Premiumprodukt. Derzeit wirkt Sky Welt wie ein Gemischtwarenladen. Oder drücken wir es drastisch aus: Wie ein Ramschladen.

Sky Welt braucht Sky1.

Einen Sender, mit regelmäßigen Serienpremieren. Das Minimum hierbei müssten drei bis fünf neue Serienfolgen pro Woche sein. Besonders wichtig: Sky1 müsste ein breites Angebot bieten. Nicht nur männliche Serien. Auch Serien für das weibliche Publikum. Krankenhausserien. Comedyserien. Ja, auch mal ein, zwei Realityserien oder Dokusoaps, die man auch gerne aus dem Fundus des britischen Pendants einkaufen kann.

Derzeit übernehmen diese Rolle – mehr schlecht als recht – Fox und TNT Serie. Doch beide senden in den letzten Wochen und Monaten unerklärlicherweise auf Sparflamme. Das ist ein Desaster für das Image von Sky Welt. Ein Sommerloch darf es bei Sky einfach nicht geben, wenn man sich als Alternative zum Free TV positionieren will.

Ich will jetzt nicht davon anfangen, dass man auf dem kurzen Dienstweg von der Mutter News Corp Serien zugeschanzt bekommt. Wahrscheinlich ist es auch weiterhin finanziell attraktiver, die neuen Simpsons-Folgen zuerst an ProSieben zu verkaufen. Doch ohne Leuchtturm-Sender im Sky Welt Paket wird das Basispaket immer als etwas wahrgenommen werden, was Sky nicht schmecken kann: Als Zwangspaket, was keiner wirklich will und keiner wirklich braucht.

Neben Sky1 braucht Sky Welt Extra einige Neuzugänge. Es gibt im deutschen Markt diverse Pay-Sender, die im Sky-Angebot unerklärlicherweise fehlen. Der Anspruch von Sky muss sein, das Nonplusultra im deutschen TV-Markt zu bieten. Zumindest über Sat – im Kabel ist der Platz wie erwähnt sehr begrenzt – muss eigentlich jeder Pay-Sender von Relevanz dem Abonnenten angeboten werden.

So fehlen etwa:

Animal Planet
ESPN Classic
Extreme Sports Channel
E!
Nick Jr.
MTV Hits
MTV Dance
MTV Base
VH1
Motors TV
Bon Gusto

Hinzu kommt, dass der neu angekündigte Pay-Sender von Constantin, SPORT1+, nicht bei Sky vertreten ist. Sportdigital TV ist zwar über Sky abonnierbar, aber für kaum vertretbare €4,99 zusätzlich.

Diese Sender gehören alle ins Sky Welt Extra Paket, wenn Sky den Anspruch haben will, der Pay-Marktführer zu sein. Dreizehn Sender. Die Kosten wären überschaubar. Ein Sender im Sky Welt Extra Paket bekommt roundabout zwischen elf und gut zwanzig Cent pro Monat und Abonnent. Ein Teil der Sender ist derzeit über Astra bereits empfangbar.

Natürlich würden diese Sender allein nicht den Unterschied machen. Aber es ist ein Signal. Ein Signal von Sky an den Kunden.

Wir bemühen uns, perfekt zu sein, alles zu bieten, was Du willst.

Solange es in anderen Bouquets auch nur ansatzweise attraktive Sender gibt, die bei Sky nicht zumindest über Sat empfangbar sind, wird Sky immer ein “ja, aber”-Angebot sein. Gut, aber nicht sehr gut. Und Gut langt im schwierigen deutschen Markt nicht.

Weiterhin sollte man überlegen, Sky Welt Extra jedem Sat-Abonnenten dazuzugeben. Wie schon erwähnt, Kosten wären begrenzt und das Basispaket würde wertiger erscheinen.

Mehr HD

Ähnliches gilt für das HD-Angebot.

Sky ist derzeit zwar mit Sicherheit der Marktführer, was HD-Inhalte angeht. Zehn HD-Sender über Sat, soviel bietet kein anderer Anbieter. Aber wieder einmal geht es um die Aussage gegenüber dem Kunden.

Egal, was Du sehen willst, bei uns bekommst Du es.

Ohne dieses Versprechen wird Sky scheitern. Und um dieses Versprechen zu halten, kann es nicht angehen, dass Konkurrenten den Start von HD-Sendern ankündigen, die nicht über Sky zu empfangen sind. Syfy HD, TNT Serie HD, TNT Film HD, SPORT1+ HD. Alle bei diversen Kabelnetzbetreibern angekündigt, aber nicht bei Sky. Der Sky-Kunde, der das hört, fühlt sich veräppelt, wenn Sky sich im nächsten Atemzug als Marktführer bei HD bezeichnet.

Es muss eine Selbstverständlichkeit werden. Ein neuer, hochwertiger Sender kündigt seinen HD-Start in Deutschland an. Wie jetzt gerade der Biography Channel und Crime & Investigation, oder zuvor AXN und ESPN America. Der ein oder andere davon wird zwar in den nächsten Monaten bei Sky auftauchen, aber darum geht es nicht. Es geht um das Image. Das Selbstverständnis.

Der Sky-Kunde muss jederzeit das Gefühl haben, dass er ein perfektes Produkt abonniert hat. Nur dann ist er bereit, neben der GEZ-Gebühr und dem Kabelanschluss noch weitere 60 Euro auszugeben.

Schlussendlich muss man in punkto HD auch die Privatsender erwähnen, die derzeit nur bei HD+ verfügbar sind. Doch wenn man ehrlich ist, stellt sich dies derzeit als Politikum dar. SES Astra hat ein Interesse am Erfolg von HD+ und wird daher vorerst nicht zulassen, dass diese Sender ohne die user prohibitions auf anderen Sat-Plattformen auftauchen. Da braucht man sich keine Illusionen machen. Mittelfristig muss dies aber – besonders bei Misserfolg der HD+-Plattform – eine Option sein, sofern die Privatsender nicht doch auf Grundverschlüsselung verzichten.

Das Sportprogramm

Das Lieblingsthema – das Sportprogramm.

Sky Sport lässt zum Teil essentielle Grundsätze des Fernsehmachens vermissen. Audience Flow. Cross Promotion. Begrenzte Wiederholrate.

Jede Stunde, die kein neues Material gesendet wird, läuft Sky Gefahr, dass der Zuschauer umschaltet. Natürlich, Sky muss – anders als ein werbefinanzierter Sender – nicht unbedingt darauf achten, dass man rund um die Uhr gesehen wird, weil sonst die Quote in den Keller geht. Doch auch die öffentlich-rechtlichen Sender müssten dies eigentlich nicht – und sie machen es trotzdem. Warum? Weil die Quote auch immer ein wenig die Akzeptanz beim Zuschauer ausdrückt. Wenn man weite Teile des Programms einfach aufgibt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Abonnent das Programm nicht als absolut hochwertig ansieht.

Jede Minute, in der der Abonnent auf Sky Sport nichts findet, was er sehen möchte, überlegt er sich, ob das Programm das Geld wirklich wert ist.

Zudem kommt, dass Sky bekanntlich mehr Geld über Werbespots und Sponsoring einnehmen will. Dies kann man aber nur, wenn die Werbespots auch gesehen werden. Zeigt man aber nur die ganze Zeit Wiederholungen, schaut niemand das Programm abseits der wenigen Livestrecken.
Ignoriert man den Audience Flow, bleibt niemand nach der Bundesliga dran und schaut den Werbeblock, der direkt danach kommt. Erwähnt man während der Konferenz am Samstag nicht die Golf-Übertragung am Abend, schauen das deutlich weniger, ergo kann man dort weniger Werbung teuer verkaufen, ergo wird es schwieriger, den Einkauf der Rechte zu rechtfertigen.

Das Ergebnis kann daher nur sein:

Schluss mit der strikten Trennung von Sport- und Bundesliga-Paket.

Die teuren Bundesliga-Rechte lohnen sich nur, wenn man diese als “Werbung” für weniger attraktive Rechte nutzt. Wenn man den Bundesliga-Fan zu billigeren Programmen rüberzieht und damit das günstigere Programm teurer verkauft. Das Einmaleins von Cross Promotion und Audience Flow.

Die Lösung ist aber nicht die vollständige Fusion der beiden Sportpakete. Dies würde zu sehr im ARPU einschlagen und die Refinanzierungsbemühungen um Monate zurückwerfen.

Die Lösung ist eine andere.

Sky Sport 1 müsste zum absoluten Hauptsender ausgebaut werden. Hier läuft Bundesliga, Champions League, auch mal Golf, auch mal Formel 1. Dieser Sender biete von allem etwas, die Bundesliga-Konferenz am Samstag, DEL am Freitag, Champions League am Dienstag.

Das Ziel muss sein, dass auf Sky Sport 1 jeden Tag neue Inhalte laufen.

Sky Sport 1 würde dann jedem Kunden des Sport- oder Bundesliga-Pakets freigeschaltet. Sky Sport 2 und 3 würden dann dem Sportpaket zugeschlagen, Sky Sport 4 als temporärer Sender dem Bundesliga-Paket. Dies würde verhindern, dass Sportevents auf hinteren Optionen versteckt würden. Und, dass unter der Woche ein toter Feed sinnlos Bundesliga-Wiederholungen vor sich hinsendet, während anderswo der Sendeplatz fehlt.

Der große Vorteil, neben einem besseren Audience Flow, wäre, dass das einzelne Sportpaket für € 32,90 weitaus wertiger würde, weil es eben wirklich alle Ligen, alle Sportarten, alle Wettbewerbe aus dem Programm von Sky abdeckt. Und das nicht nur während der paar Monate des Lockangebots.

Neue Rechte, neue Programme

Doch mit einer bloßen Reorganisation der Kanäle ist es lange nicht getan.

Das Sky-Sportprogramm ist abseits der Perlen tot. Es müssen dringend weitere Rechte eingekauft werden, die nicht parallel zu der Bundesliga laufen. Die spanische Primera Division spielt am Abend und wäre die perfekte Ergänzung. Auch wenn die Spiele kostenlos im Internet zu sehen sind. Doch allein durch die bessere Bildqualität und eine Ausstrahlung in HD bieten sich genug Argumente für eine Parallelausstrahlung bei Sky.

Boxen und MMA. Für die Nachtschwärmer hat man derzeit nur NBA TV im Programm, dessen Zukunft auch ungeklärt ist. Kampfsport würde dagegen zum Teil eine vollkommen andere Zielgruppe als das bisherige Angebot ansprechen.

Apropos NBA – hier müssen die Recht unbedingt weiterhin gesichert werden. Als einzige große US-Liga, die nicht bei ESPN America im Programm ist, bietet die nordamerikanische Basketball-Liga das einzige reguläre Programm in den Abendstunden, was noch auf dem Markt ist. In diesem Zusammenhang kann man auch über die MLS nachdenken, die günstig auf dem Markt sein dürfte.

Doch fast viel wichtiger als drei, vier neue Senderechte sind: Eigenproduktionen.

Das Kernelement: Sky Sport News. Sky braucht dringend eine regelmäßige Sportnachrichten-Sendung, die zwei- bis dreimal am Tag aktuell und live ausgestrahlt wird. Zum ersten mal vor der ersten Liveübertragung am Mittag oder Vorabend, zum letzten mal nach der letzten Liveübertragung am späten Abend. Mit Sky Sport News beginnt der Sporttag auf Sky, mit Sky Sport News endet der Sporttag auf Sky.

Sky Sport News wäre die inhaltliche Klammer, die das Sportprogramm so nötig hat. Der Anker für alle Sportfans, der einen Überblick über die Welt des Sport gibt und – dies ist besonders wichtig – den Zuschauer auf alle Übertragungen bei Sky Sport hinweist.

Zeigt dem Zuschauer, dass Sky Golf überträgt! Dass Sky DEL überträgt! Nehmt den Zuschauer mit, bietet ihm ein journalistisches Zuhause auch abseits der Liveübertragungen.

Mit Sky Sport News böte Sky jeden Tag – auch wenn man keinen Sport live zeigt – neuen Content, der das Abo rechtfertigt. Man hätte nicht den Eindruck, dass Sky den Bürgersteig hochklappt, wenn die Bundesliga wegen Länderspielen Pause macht.

Doch da darf Sky nicht aufhören. Sky braucht eigentlich für jede Liga, jede Sportart, die man live überträgt, ein flankierendes Magazin. Eine richtige Sendung zur Premier League, nicht die bloße Ausstrahlung der internationalen, fertig produzierten Sendungen. Ein Motorsport-Journal. Ein Eishockey-Magazin.

Sky muss dem Zuschauer ein echtes Premiumprodukt bieten. Und dazu gehört eben eine Rundumversorgung. Fünf Minuten im Vor- und Nachlauf genügt nicht.

Livesport kann man im Zweifel auch woanders sehen. Ob bei der Konkurrenz, ob bei maximal halblegalen Angeboten. Doch Sky muss sich durch journalistische Exzellenz auszeichnen. Jederzeit. Jeden Tag.

Das Filmprogramm

Zu guter Letzt: Das Filmprogramm. Im Erstausstrahlungsbereich gibt es wenig zu mäkeln. Doch wo es Probleme gibt, ist das Archivprogramm. Auf Sky Cinema Hits, Sky Action, Sky Comedy, Sky Emotion und Sky Nostalgie laufen derzeit relativ wenige Filme in Endlosschleife. Hier muss nachgebessert werden. Eine größere Vielfalt tut Not.

Es gibt viele Ansatzpunkte, viele Stellschrauben, an denen Sky drehen könnte. Die Sky wertiger erscheinen lassen können. Punkte, die einem Laien auffallen. Man fragt sich doch zuweilen, warum solche Ideen, die im Ausland, auch bei den britischen und italienischen Schwestern von Sky, absolut usus sind, in Deutschland nicht mal ansatzweise berücksichtigt werden.

Sky hat nur noch wenige Chancen in Deutschland. Es wird Zeit, den richtigen Weg einzuschlagen. Den Weg zum Premiumprodukt.

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