Gesetze stören die BLM manchmal nur

Man kann der BLM, der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien, nicht vorwerfen, dass sie nicht kreativ wäre. Und Kreativität ist in der Medienbranche ja nicht wirklich unwichtig. Schon früher hat man gerne mal beide Augen zugedrückt, wenn Leo Kirch mit Hilfe seines Sohnes Thomas frühere Beschränkungen im Privatfunk umging und neben Sat 1 mit ProSieben eine weitere überaus erfolgreiche Sendermarke im Freistaat ansiedelte. Laptop und Lederhose, damit schmückte man sich schon in den 90ern gern und häufig.

Genauso kreativ entpuppt sich die südliche Medienaufsicht nunmehr, als es gilt, dem politisch nicht goutierten Kampfsport Mixed Martial Arts, kurz MMA, oder landläufig auch als Ultimate Fighting bekannt, ein oder zwei Stöckchen in die Speichen zu schmeißen.

Im März 2009 nahm das DSF die Veranstaltungen des Marktführers in diesem Sport, der UFC, ins Programm und versendete die Zusammenschnitte im Nachtprogramm. Bald darauf stattete die UFC Deutschland auch einen Besuch live and in person ab und trug die Veranstaltung UFC 99 in der Kölner Lanxess Arena aus – schon damals unter gehörigem Sperrfeuer der Lokalpolitik. Der aber schon damals die Hände gebunden waren, da es sich bei der Kölner Veranstaltungshalle um eine privat betriebene Einrichtung handelt und die Ordnungsbehörden daher nur unter gewissen Voraussetzungen aktiv werden können (etwa im Fall der Gefahrenabwehr, bei Verstoß gegen die Menschenwürde oder ähnlichem – dies wird im Verlauf noch wichtig). Bei kommunalen Hallen sieht das anders aus, da ist der Zugriff der öffentlichen Betreiber weiter gehend (wenn auch nicht vollends frei), wie man bei der aufgrund öffentlichen Drucks abgesagten MMA-Veranstaltung der weitaus kleineren XFC im Dezember sah, die für die in städtischen Eigentum stehende Max-Schmeling-Halle geplant war.

Doch nicht nur die Kämpfe direkt vor der Haustür waren Teilen der Politik ein Dorn im Auge, sondern besonders die Kämpfe im eigenen Wohnzimmer, die via DSF auf die heimischen Geräte gebracht wurden.

Hier stand die für das DSF zuständige Aufsichtsbehörde, eben jene BLM, erneut vor einem Problem. Im Rahmen des Jugendmedienschutzstaatsvertrages ist in § 20 Abs. 3 JMStV geregelt, dass eine Beanstandung eines Programms nicht möglich ist, wenn es vor der Ausstrahlung einer anerkannten Selbstkontrolleinrichtung vorgelegt und von dieser zur Ausstrahlung freigegeben wurde.
Und genau dies war bei der UFC dummerweise der Fall. Das DSF, nicht dumm, legte die später in die Kritik geratenen Sendungen der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen, FSF, vor, welche die Sendungen dann auch – wenig verwunderlich – freigab.
Mit dieser Spruchpraxis befindet sie sich in guter Gesellschaft der beiden anderen deutschen Selbstkontrollorgane – der FSK, die regelmäßig DVDs mit Veranstaltungen der UFC ab 16 oder ab 18 freigibt, sowie der USK, die bisher alle UFC-Computerspiele ab 16 oder ab 18 einstufte.

Der BLM waren somit in punkto UFC im DSF die Hände gebunden. Doch wo ein Wille, da ein Weg. Der Wortlaut des Staatsvertrags, der ein Einschreiten hier explizit untersagt, stört da nur.

Also greift man zu einer Variante, die jedem Juristen den Magen umdrehen muss. Folgende Passage findet sich in einer heutigen Mitteilung der BLM:

Ultimate Fighting – BLM-Fernsehausschuss beschließt: DSF muss Programm ändern

Der Fernsehausschuss der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) hat in seiner Sitzung am 18. März 2010 die Genehmigung für die Formate „The Ultimate Fighter“, „UFC Unleashed“ und „UFC Fight Night“ im Programm des Deutschen SportFernsehens (DSF) aufgehoben.

Die Kommision für Jugendmedienschutz (KJM) konnte nicht aktiv werden, also hebt man die Genehmigung für einzelne Formate auf. Ein Vorgang, der so in der deutschen Mediengeschichte noch nicht vorgekommen ist. Und viel schlimmer:

Für den es keinerlei Rechtsgrundlage gibt.

Einzelne Formate im Rahmen eines Fernsehprogramms werden und müssen nicht genehmigt werden. Dies würde eine unzulässige Vorzensur darstellen, die gegen Art. 5 Abs. 1 GG verstoßen würde. Daher wirkt es höchst suspekt, wenn die BLM schon diese Formulierung wählt.

Wie soll man das verstehen? Versucht die BLM hier sozusagen dem DSF die Sendelizenz teilweise – insofern sie die Sendungen der UFC betreffen – zu entziehen? Das ist schließlich die einzige Genehmigung, die die BLM dem DSF erteilte und erteilen muss. Doch für eine solche teilweise Entziehung sieht der Rundfunkstaatsvertrag auch keinerlei Rechtsgrundlage vor.

Wegen vermeintlichen Verstößen gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag kann man also nicht gegen das DSF vorgehen.

Also greift man auf einen vermeintlichen Rettungsanker zurück – die Verfassung des Freistaates Bayern. Hier heißt es in Art. 111a Abs. 1:

Die Freiheit des Rundfunks wird gewährleistet. Der Rundfunk dient der Information durch wahrheitsgemäße, umfassende und unparteiische Berichterstattung sowie durch die Verbreitung von Meinungen. Er trägt zur Bildung und Unterhaltung bei. Der Rundfunk hat die freiheitliche demokratische Grundordnung, die Menschenwürde, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu achten. Die Verherrlichung von Gewalt sowie Darbietungen, die das allgemeine Sittlichkeitsgefühl grob verletzen, sind unzulässig. Meinungsfreiheit, Sachlichkeit, gegenseitige Achtung, Schutz vor Verunglimpfung sowie die Ausgewogenheit des Gesamtprogramms sind zu gewährleisten.

Hier sieht die BLM nunmehr Verstöße gegen die Leitsätze der gegenseitigen Achtung und des Verbotes der Verherrlichung von Gewalt. Und wurde aktiv.

Die Rechtsgrundlage für sein Aktivwerden sieht die BLM vielleicht in Art. 12 Abs. 1 iVm Art. 11 Nr. 1 BayMG. Problematisch wird es aber dann wieder, wenn man eine Rechtsgrundlage für genau diese nun gewählte Maßnahme – ein “Aufheben einer Genehmigung” – sucht. Zwar sieht das BayMG vor, dass der Medienrat der BLM für die Erteilung von Genehmigungen zuständig ist – von “aufheben” ist aber keine Rede. Zwar könnte man nun denken, dass denknotwendig auch das negative hierzu gehört – jedoch läuft dies ins Leere, wenn man berücksichtigt, dass die Ausstrahlung der UFC im DSF gar keiner Genehmigung des Medienrats bedurfte.

Wie kann man etwas die Genehmigung entziehen, das gar keiner Genehmigung bedurfte?

Zudem fällt eines auf:

Vordergründig bezieht die BLM sich auf Regelungen der bayerischen Verfassung, um nicht von der Prüfung der FSF ausgebremst zu werden.
Doch in Wahrheit kritisiert man schlussendlich sehr wohl Punkte, die im Rahmen der Prüfung der FSF behandelt wurden. Was gegen die Leitbilder der bayerischen Verfassung verstößt, kann gar nicht von den Selbstkontrollen freigegeben werden. Eine Freigabe beinhaltet somit auch das gutachterliche Placet, dass diesem Programm diesbezüglich Unbedenklichkeit bescheinigt wird.

Die BLM meinte hier offenbar, auf Biegen und Brechen gegen diese Sendungen aktiv werden zu müssen. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern der Zweck heiligt die Mittel. Dass man sich dann nicht an bestehende gesetzliche Regelungen hält, interessiert dann nur noch am Rande.

Dass dies nunmal aber eher das Verhalten einer Bananenrepublik ist, wird die BLM dann eben vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit mitgeteilt bekommen.

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