Warum die Kritik am Sky-Basispaketmodell scheinheilig ist
Angeregt durch eine Falschmeldung der Sat+Kabel, dass Sky angeblich nicht einmal ein Jahr nach Relaunch ein neues Angebotsmodell plane, entzündete sich an vielen Stellen die alte Diskussion um die Paketstruktur des großen deutschen Bezahl-TV-Anbieters erneut. Und natürlich auch diesmal im Mittelpunkt der Kritik: Das Basispaket Sky Welt, welches zwingend abonniert werden muss, um eines der Premiumpakete Film, Sport und Bundesliga erwerben zu dürfen.
Doch die Kritik an diesem Modell ist scheinheilig, verkürzend und vor allem kurzsichtig.
16,90 Euro kostet das Basispaket Sky Welt monatlich, hierfür erhält der Abonnent einen bunten Strauß an Spartensendern, die mal mehr, mal weniger attraktiv erscheinen, aber vor allem eines sind: Geschmackssache.
Oftmals hört man, besonders bei der klassischen Pay-Klientel, dass einen doch “nur Fußball” interessiere. Wenn man dann hierfür zuerst ein Abo etwa des Schlagerkanals “Goldstar TV” braucht, so erscheint dies auf den ersten Blick hochgradig unverständlich.
Doch es ist nicht der Sinn eines Programmbouquets, dass dem Kunden jeder einzelne der angebotenen Sender gefällt. Ganz im Gegenteil. Der Vorteil von Spartensendern ist gerade, dass man sein Programm auf eine eng abzugrenzende Zielgruppe abstimmen kann und hierbei weniger Kompromisse in Punkto Massenkompatibilität eingehen muss.
Das beste Beispiel hierfür ist wohl der US-Sportkanal ESPN America. Das Programm ist knallhart auf dieses Freakklientel gebürstet, dass man es sich leisten kann, das Programm im englischen Original über den Äther zu schicken. Der Vorteil: Man kann deutlich mehr Spiele ausstrahlen, da man hier enorme Einsparungen in Punkto Produktionskosten spart. Für das eher massenkompatible Programm von Sky Sport ist schon die englischsprachige Übernahme des Programms von NBA TV in den Nachtstunden ein gewisses Problem, kann man doch noch immer aus diversen Ecken harsche Kritik für das Fehlen des deutschen Kommentars hören.
Aber diese klare Ausrichtung auf Zielgruppen sorgt eben auch dafür, dass man einen nicht gerade kleinen Teil der potentiellen Zuschauerschaft schon qua Sendekonzept außen vor lässt. Für diese erscheint dieser Sender somit vollends überflüssig. Und hier kommt man zu dem Konzept des Programmbouquets, dass dem Konzept einer Tüte Gummibärchen gar nicht mal so unähnlich ist.
Ein Pay-Programmbouquet, wie es etwa Sky Welt ist, basiert auf einer breiten Auffächerung des Programmangebots. Natürlich könnte man das angebotene Programm auch komprimieren, auf vermeintliche Highlights reduziert auf deutlich weniger Sendern ausstrahlen. Dies würde zu einer geringeren Wiederholrate führen, aber auch und vor allem: zu einer geringeren Auswahl. Und dadurch finden dann schon wieder Zuschauer mit Interesse an weniger populären Inhalten nicht mehr ihr Programmangebot. Klar, die roten Gummibärchen sind am populärsten. Daher stellen sie auch den größten Anteil in einer Haribo-Tüte. Aber es gibt eben auch Kunden, die die Tüte wegen der weißen Gummibärchen kaufen. Sonst wären die da nicht drin. So schwer es für Rote-Gummibärchen-Esser auch zu kapieren sein mag. Eben Geschmackssache. Würde man nun die weißen Bärchen herausnehmen, weil diese die unpopulärsten sind, kauft kein Weiße-Gummibärchen-Esser – auch wenn es wenige sein mögen – mehr die Tüte, weil er sein Angebot darin nicht wieder findet. Ähnliche Konzepte findet man auch im Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt. Hier kommt auch niemand auf die Idee, die Süddeutsche Zeitung müsse ein isoliertes Abonnement des Sportteils anbieten.
Das Konzept hinter Sky Welt – oder auch bei Kabel Digital Home oder vergleichbaren Paketen anderer Anbieter – ist nunmal, dass für jeden etwas dabei ist und man zu jeder Zeit nach Möglichkeit etwas zum schauen findet. Dieses breite Basisangebot soll die Nutzung des Gesamtangebots steigern, wodurch mittel- und langfristig die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung des Abonnenten auch bei höheren Preisen unwahrscheinlicher wird.
Würde man etwa dem Kunden ermöglichen, nur das Bundesliga-Paket zu abonnieren, würde sich die Nutzung im schlimmsten Fall auf 34x neunzig Minuten am Wochenende beschränken – nämlich, wenn der Lieblingsverein spielt. Da wird es schwierig, Preise jenseits der dreißig Euro, die für die Refinanzierung notwendig sind, durchzusetzen.
Nun könnte man einwenden, dass ein Zwangspaket auch nicht garantiert, dass die Nutzung außerhalb des erwünschten Premiumpakets ansteigt. Natürlich nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist zumindest nicht gleich null.
Zudem kann niemand ernsthaft behaupten, ihn interessiere wirklich nur Fußball und die Flimmerkiste bliebe ansonsten sechs von sieben Tagen in der Woche kalt. Krimiserien? Sitcoms? Dokus? Cartoons? Filme? Irgendwas wird schon dabei sein, was einem das Basispaket bietet.
Damit aber das Angebot im Basispaket so breit ist, dass wirklich jeder Abonnent zumindest ab und an ein Programm findet, welches ihn interessiert und somit der tiefere Sinn hinter dem Konzept zuschlägt – die generelle Nutzung des Abos zu erhöhen – muss dieses Paket auch wirklich viele Programmfarben abdecken, mögen sie auch nur kleine Bevölkerungsgruppen interessieren. Und dazu gehört dann der Schlagerkanal genauso wie der US-Sportkanal. Das rote wie das weiße Gummibärchen.
Die Kritik am Konzept des Zwangsbasispakets ist daher kurzsichtig, da sie die Notwendigkeit einer hohen Nutzung des Angebots ignoriert. Zudem verdrängt man hierbei, dass in den Kosten des Basispakets auch die Fixkosten, die bei jedem Paket anfallen (wie etwa Personal, Technik und Marketing), enthalten sind.
Kritik an dem Zwangspaket ist daher eigentlich die altbekannte Forderung nach niedrigeren Preisen. Doch hierbei wird verkannt, dass etwa das Bundesliga-Paket auch ohne Sky Welt nicht viel billiger sein könnte. Preise, wie man sie von PREMIERE oder gar arena kannte, waren – wie die Geschichte zeigte – nicht der dauerhaften Refinanzierung der teuren Rechte zuträglich. Die Sender im Basispaket bekommen dem Vernehmen nach deutlich unter 20 Cent pro Abonnent und Monat. 20 Sender mal 20 Cent, macht 4 Euro. Über 12,90 Euro des Preises für Sky Welt gehen daher dieser Milchmädchenrechnung zufolge für Mehrwertsteuer, Fixkosten und Querfinanzierung der Premiumangebote drauf.
Pay-TV hat es schwer in Deutschland. Das Angebot von Sky hat seine Schwächen. Aber es ist nicht das bei vielen so verhasste Basispaket. Ganz im Gegenteil, es ist notwendig für den langfristigen Erfolg. Und es ist besser als sein Ruf.
so ein geschwafel