Das Sportprogramm von Sky, die Quartalszahlen, eine Henne und ein Ei

Letzten Donnerstag gab Sky die ersten Quartalszahlen seit dem Relaunch bekannt, und sie waren ein wenig underwhelming. Ausführliches dazu lässt sich bei allesaussersport lesen oder direkt im Quartalsbericht (PDF). Interessant ist hierbei auch besonders der regelmäßige Conference Call (kein Direktlink) für Analysten.

Die Kritik von Mainstream-Medien, Wirtschaftspresse, Blogospähre und Internetforen hat nicht lange auf sich warten lassen. Doch die Situation ist nicht so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick erscheint.

Liest man nur die Überschriften, die wichtigsten Kennzahlen, dann kann man schnell zu dem Schluss kommen, dass der Relaunch mit dem Adjektiv durchwachsen noch wohlwollend bezeichnet würde. Nur 67.000 Nettoneukunden, höherer Verlust als erwartet, enormer Churn von 135.000 abgewanderten Abonnenten.

Doch die Sky-Führung verbreitet Zuversicht. 201.000 Bruttoneukunden, die sich im dritten Quartal trotz des Zwangspakets Sky Welt neu für ein Abo entschieden, stellen einen Rekord seit einiger Zeit dar. Rechnet man die Abwicklung der Flex-Abos heraus, die sowieso bisher einen niedrigen einstelligen Betrag zum ARPU beitrugen, kann Sky auf 93.000 Nettolaufzeitneukunden verweisen.

Überhaupt ist der ARPU der große Hoffnungsschimmer, der auch Unicredit veranlasst hat, die Aktie auf Buy hochzustufen. Eine moderate Steigerung in Q3 von 57 Cent auf 25,77 Euro soll im nächsten Quartal von einem Sprung auf etwa 27 Euro und im ersten Quartal des neuen Jahres auf sogar 29 Euro getoppt werden. Diese Projektion beruht laut CEO Mark Williams auf den Daten der ersten Wochen von Q4/2009.
Die positive Entwicklung des ARPU hat die Sky-Manager dazu veranlasst, den Break-even, der weiterhin für Q4/2010 erwartet wird, nun schon mit 2,8 Mio bis 3 Mio Kunden erreichen zu wollen.

Unter dem Strich muss man über die Zahlen sagen, dass sie nicht so gut sind, wie man sie hätte erwarten können, wie es sich die Murdoch-Mannen wohl gewünscht hätten, aber sie sind auch nicht so schlecht, wie es manche Schlagzeilen vermuten lassen, die Sky etwa als nicht vom Fleck kommend sehen.

Doch was weiterhin an diversen Stellen vernehmbar ist, ist die nicht nur latente Kritik am Sportprogramm. Die spanische Primera Division ist aus dem Programm geflogen, weil der für den deutschsprachigen Raum verantwortliche Rechtevermarkter sein eigenes kostenloses Internetvideoangebot hiermit pushen wollte. Von der Serie A und der brasilianischen Fußballmeisterschaft, von der im Sommer noch die Rede war, ist nichts zu sehen. Boxen passe ideal zu Sky, sagte Williams vor nicht all zu langer Zeit in einem Focus-Interview. Und außer ein paar Resten aus dem alten Vertrag mit Ahmet Öners Arena-Boxstall alle Schaltjahre – immerhin in HD – gibt es auch hiervon noch nichts zu sehen. ATP Tennis stand sowieso erst für das neue Jahr auf der Liste möglicher Neuzugänge, der US-Motorsport wird auch eher ausgedünnt als ausgebaut.

Die angekündigte Sportoffensive stellt sich somit in vier Dingen dar. Die neuen Bundesliga-Anstoßzeiten, die UEFA Europa League, konsequente Nutzung der Premier League Rechte und Sky 90. Natürlich muss man noch die beiden Sport-HD-Sender erwähnen. Der Ausbau erfolgt leider nur in Trippelschritten, in den Augen mancher könnte man auch den Eindruck gewinnen, dass es zuweilen einen Schritt vor geht und zwei zurück.

Doch tut man Sky hier vielleicht nicht ein wenig Unrecht? Verlangt man von Sky nicht eher unrealistische Investitionen, zu denen das Unternehmen in der derzeitigen Verfassung schlicht und ergreifend nicht in der Lage ist? Ist Sky tatsächlich nur ein weiter so unter anderem Logo?

Ja und nein.

Angesichts von etwa 1 Mio Euro Verlust, die das Unternehmen derzeit pro Tag (!) schreibt, fällt es schwer, hier ohne weiteres zu verlangen, dass man doch bitte – etwa durch vielleicht kostspielige Rechte oder Eigenproduktionen – in Vorleistung gehen solle und die Qualität des Programms weiter anziehe.

Man muss auch immer hierbei berücksichtigen, was denn solche Investitionen in das Programm bringen, welchen Kosten-Nutzen-Faktor diese aufweisen. Am Beispiel Primera Division ist das ganz gut zu zeigen. Dem Vernehmen nach verlangte der Rechtevermarkter einen Betrag im unteren bis mittleren, einstelligen Millionenbereich für die Rechte an der spanischen Liga. Pro Saison, versteht sich. Und nicht nur per Fußnote hing daran der Pferdefuß, dass – wohl aufgrund strategischer Erwägungen – die kostenlose Ausstrahlung im Internetlivestream nicht verhandelbar war.
Nun hat man also als Sky – immer im Hinterkopf, man macht täglich eine Million Miese – die Option, weitere Millionen auszugeben, für ein Sportrecht, welches auch kostenlos, legal, stabil und für jeden verfügbar live im Internet abzurufen ist. Natürlich muss man berücksichtigen, dass viele die Übertragung im TV, auf dem großen Schirm bevorzugen. Auch und besonders die nicht so technikaffinen Bevölkerungsgruppen. Doch ist diese Gruppe, gerade bei einem – ohne es kleinzureden, aber im Vergleich zu den Essentials – eher unwichtigen Sportrecht, zudem, wenn sich die Zielgruppen mit derer anderer Rechte wie der Bundesliga oder der Premier League überlappen, groß genug, um diese Investition zu rechtfertigen?
Die Prognose, die Sky hier wohl gestellt hat, war dann nicht positiv. Wegen der Primera Division abonniert kaum einer, wenn es sie auch kostenlos zu sehen gibt.

Bei anderen Sportrechten wird dann eine ähnliche Rechnung angestellt. Ist die Fangruppe, die auf diese Übertragungen so heiß ist, dass sie ein Abo für mindestens 32,90 Euro abschließt, großgenug? Oder haben die schon längst ein Abo, weil sie etwa sowieso Bundesliga oder Champions League sehen wollen?

Als Bestandskunde fühlt man sich natürlich bei dieser Denkweise, die nur darauf gerichtet ist, wieviele Neukunden man hiermit erreichen kann, etwas außen vor. Maßnahmen zur Steigerung der Kundenzufriedenheit findet man zwar auch, aber nicht im erhofften Umfang. Sky 90 ist so eine, aufgrund der geringen Exklusivität gegenüber dem Free TV auch die Europa League und die umfassende Premier League Berichterstattung.

Doch, wie auch bei der Führungsmannschaft im Conference Call zu vernehmen, die auf den baldigen Break-even hofft, muss man sich als Bestandskunde an einer Aussage von Mark Williams in diesem festhalten. Sobald man Geld verdiene, werde man weitaus aggressiver auftreten. Auch der Blick zu Sky Italia lässt diesen Ausbau in mehreren Stufen vermuten. Der Relaunch südlich der Alpen erfolgte im Sommer 2003. Den Sportnachrichtenkanal Sky Sport 24 startete man erst fünf Jahre später. Auch die umfangreichen Sportrechte, die man nun zu bieten hat, hatte man nicht schon in den ersten Monaten aufzuweisen. Der größere HD-Ausbau fand dort auch erst nach und nach statt. Sky Deutschland kann immerhin Mitte nächsten Jahres schon mindestens elf HD-Sender vorweisen.

Allerdings muss man bei aller berechtigen Kritik am in Teilen für Hardcore-Sportfans mauen Sportprogramm eines bedenken. Mark Williams, auf die Frage, was ihn am meisten in Deutschland überrascht habe, im Gegensatz zu Italien:

“Dass den Deutschen es weitaus weniger wichtiger sei, ihre Lieblingsmannschaft live im TV zu sehen.”

Wenn das schon bei der Deutschen Lieblingssport Nummer 1, Nummer 2 und Nummer 3 – König Fußball – der Fall ist, wie ist es dann bei gefühlten Randsportarten?

Sky macht noch lange keinen Gewinn. Sky ist nun gut vier Monate unter diesem Branding in Deutschland aktiv. Abseits des Sportprogramms – etwa beim Film- oder Dokuangebot – gilt man auch in kritischen Kreisen eigentlich als gut aufgestellt, ebenso im nationalen Fußball.

Es ist das berühmte Henne-Ei-Problem. Ohne Ausbau keine Neukunden. Ohne Neukunden keine zusätzlichen Finanzmittel. Ohne zusätzliche Finanzmittel kein Ausbau.

Man kann nur hoffen, dass das jetzige Sportprogramm Ei genug ist, dass daraus auch ein Küken schlüpfen kann, dass in nicht all zu ferner Zukunft selber Eier legt.

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